Oft übersehene angeborene Lipidstoffwechselstörung

Hohes Lipoprotein(a) steigert das kardiovaskuläre Risiko – unabhängig vom LDL-Cholesterin

Eine Sonderpublikation des Deutschen Ärzteblattes

Industrieinformationen
THERAPIE aktuell 1/2022, 28. Januar 2022, von Reisdorf, Simone

Menschen mit erhöhtem Plasmaspiegel an Lipoprotein(a) – oder kurz Lp(a) – weisen unabhängig von anderen Lipidparametern ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko auf. Daher ist es wichtig, den Lp(a)-Spiegel, der genetisch determiniert ist, mindestens einmal im Leben zu erfassen, um Betroffene rechtzeitig zu identifizieren. Aktuell liegen noch unterschiedliche Empfehlungen vor, ab welchem Lp(a)-Serumwert eine Lp(a)-Hyperlipoproteinämie als behandlungsbedürftig zu definieren ist. Patienten mit zu hohem Lp(a)-Spiegel benötigen ein besonders striktes Management aller Risikofaktoren. Derzeit einzig verfügbare Therapiemöglichkeit bei erhöhtem Lp(a)-Spiegel ist die Lipidapherese. Medikamentöse Behandlungsoptionen stehen aus.

Lipoprotein(a) wird in der Leber gebildet. Es besteht aus einem LDL-Partikel, dessen Apolipoprotein B (apoB) kovalent mit Apolipoprotein(a) (apo[a]) verbunden ist (Abb. 1). Die physiologische Funktion von Lp(a) im menschlichen Körper ist noch unbekannt [1].

Das Lp(a)-Molekül kommt in mehr als 40 Isoformen vor. Diese unterscheiden sich hinsichtlich der Anzahl der Kringel vom Typ IV2 (KIV2-Repeats) im apo(a)-Anteil (Abb. 1). Ein Mensch kann eine Isoform mit nur einem, mehreren oder auch > 40 KIV2-Repeats aufweisen [1]. Dies spiegelt sich in der großen Spannweite des Molekulargewichts von Glykoprotein apo(a) wider, das je nach Anzahl der Kringel IV-Repeats 280 bis 830 Kilodalton (kDa) betragen kann [2]. Die Variabilität der Lp(a)-Partikel ist eine außergewöhnliche Eigenschaft, da Plasmaproteine für gewöhnlich eine definierte Masse haben.

Eine Umrechnung der Lp(a)-Spiegel von Masse in Partikelzahl – von mg/dL in nmol/L – ist wegen der Variabilität der Kringelzahl nicht möglich, ebenso wenig umgekehrt, sie stellt lediglich eine Näherung dar. Wichtig zu wissen und oft vergessen: Bei der LDL-C-Bestimmung wird der Cholesterinanteil von Lp(a) gemessen. Etwa ein Drittel des Cholesterins stammt von Lp(a) [3]. Die Expression von Lp(a) ist genetisch determiniert und deshalb intraindividuell stabil: Menge und Isoform(en) von Lp(a) ändern sich bei einem Menschen mit steigendem Lebensalter nur unwesentlich. Im Vergleich zu LDL-C spielen auch der Lebensstil und die Ernährung hier keine Rolle [1, 4]. Im Gegensatz dazu ist die Lp(a)-Expression interindividuell hinsichtlich der Menge und der Isoformen sehr variabel; einige Menschen bilden deutlich mehr Lp(a) als andere [1].

Was macht Lp(a) zum kardiovaskulären Risikofaktor?

Erhöhte Lp(a)-Spiegel lassen sich bei fast jedem fünften Menschen in Deutschland nachweisen. Sie sind genetisch determiniert [5]. Sie schädigen die Gefäßwände durch proatherosklerotische, proinflammatorische und prothrombotische Effekte. Die atherosklerotischen Läsionen können im Herzen, im Hirn oder in der Peripherie auftreten, etwa in den Nieren oder Extremitäten (pAVK). Auch Aortenklappenstenosen oder Bauchaortenaneurysmen können durch einen erhöhten Lp(a)-Spiegel ausgelöst werden [1, 6–8].

Erhöhte Lp(a)-Werte können auch ohne komorbide LDL-C-Erhöhung auftreten. Hat ein Patient jedoch hohe Lp(a)- und hohe LDL-C-Werte zugleich, ist das Risiko weiter erhöht. In jedem Falle ist es wichtig, die Lp(a)-Erhöhung als Risikofaktor nicht zu übersehen, sondern frühzeitig zu entdecken [1, 6–8].

Therapie: Optimierung aller Risikofaktoren

Eine zugelassene medikamentöse Therapie zur Senkung eines erhöhten Lp(a)-Spiegels gibt es nicht; es wird aber daran geforscht. Das durch hohe Lp(a)-Spiegel be- dingte erhöhte kardiovaskuläre Risiko wird durch weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren wie etwa hohes LDL-C, Hypertonie, Diabetes mellitus, Übergewicht/Adipositas, Bewegungsmangel oder Nikotinabusus zusätzlich er- höht. Diese können jedoch durch Lebensstiländerungen und Medikamente behandelt werden. Die konsequente Umsetzung dieser Interventionen ist bei Menschen mit hohen Lp(a)- Werten besonders wichtig – hier sollte der Arzt auf strikte Optimierung aller Risikofaktoren und Begleiterkrankungen achten und dies häufig kontrollieren [16].

lipid stoffwechsel störung

Text gekürzt. Auszüge aus der Sonderpublikation des Deutschen Ärzteblattes: THERAPIE aktuell 01/2022

Ergänzende Anmerkung

Der Artikel richtet sich inhaltlich an die Zielgruppe Fachkreise. Eine anderweitige Verwendung (z.B. für Patienten oder Angehörige von Patienten im Rahmen der Selbsthilfegruppe) obliegt Ihrem eigenen Verantwortungsbereich.