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Lipoprotein(a)
Awareness Day 2024

Herzinfarktvorsorge: Leitlinien zur Lipoprotein(a)-Be­stimmung ungenügend umgesetzt

In Deutschland werden die Empfehlungen der European Society of Cardiology (ESC) und der Euro­pean Atherosclerosis Society (EAS) zur Bestimmung von Lipoprotein(a) bei der Vorsorge von kardiovaskulären Ereignissen bislang offenbar nur ungenügend umgesetzt. Dabei kann erhöhtes Lp(a) bereits im jungen Alter zur Verkalkung der Gefäße führen.

Darauf weisen zahlreiche Fachgesellschaften und die Deutsche Herzstiftung anlässlich des heutigen Welt­herz­tages hin. Sie haben daher eine Öffentlichkeitsaktion initiiert. Ihr Titel lautet: „Herzinfarkt unter 50? Blutfette beachten! Lipoprotein(a) bestimmen!“

Das Aktionsbündnis will niedergelassene Fachärzte, Kliniker und Hausärzte auf das Thema aufmerksam ma­chen und dafür interessieren, bei jungen Infarktpatienten regelhaft nach angeborenen Fettstoffwechselstö­run­gen zu suchen. Da das Lp(a) nicht flächendeckend bestimmt wird, kann die Häufigkeit nur geschätzt wer­den; Experten gehen von etwa 20 Prozent aus.

„Eigene Daten zeigen jedoch, dass bei Vorliegen der Indexerkrankungen erhöhtes Lp(a) bei deutlich mehr als bei 20 Prozent der Betroffenen gefunden wird“, sagt Altmann, Chefarzt an der Klinik für Herz-Kreislauf-Er­kran­kungen in MEDIAN Klinik Bad Gottleuba. Dabei wurde erhöhtes Lp(a) mit Lp(a) > 125 nmol/l beziehungsweise > 50 mg% definiert.

Auch das Deutsche Ärzteblatt () hatte in einem Beitrag bereits 2021 auf die unzureichend umgesetzten eu­ropäischen Leitlinien hingewiesen: Bei jedem Erwachsenen sollte mindestens einmal im Leben eine Lp(a)-Be­stimmung erwogen werden, um Personen mit sehr hohen Lp(a)-Werten zu identifizieren.

Lipoprotein (a): Aus kardiologischer Sicht zu wenig beachtet?

Immer mehr Studien beschäftigen sich mit dem Lipoprotein (a) als unabhängigem Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Sollte dieser Parameter mehr in die Versorgung von Herz-Kreislauf-Patienten integriert werden? Diese Frage ist umstritten. Das Lipoprotein (a) – kurz: Lp(a) – ist ein dem Low Density Lipoprotein (LDL) ähnliches Lipoprotein, das sich durch die zusätzliche Anwesenheit des » weiterlesen

„Wir gehen davon aus, dass die Empfehlung der Europäischen Gesellschaft in Deutschland praktisch über­haupt nicht umgesetzt wird“, sagte Christoph Altmann, Mitinitiator des Aktionsbündnisses und Ehrenvorsit­zen­der des Landesverbands Sachsen der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR).

Das Problem: Es gibt keine Kostenübernahme einer vorsorglichen Bestimmung von Lp(a) durch die gesetzli­che Krankenversicherung. Zudem sei die Bestimmung von Lp(a) in keinem Vorsorgeprogramm oder Check-up Programm implementiert.

Immer mehr Leitlinien nehmen Empfehlung zur vorsorglichen Messung von Lp(a) auf

Die 2022 aktualisierten Leitlinien der ESC und die der EAS empfehlen, Lp(a) bei jedem Erwachsenen wenigs­tens einmal im Leben zu bestimmen. Diese Empfehlung wird mit Ausnahme der amerikanischen Fachgesell­schaften (ACC, AHA, NLA) auch von den indischen (LAI), chinesischen (CSC) und canadischen (CCS) Fachgesell­schaften ausgesprochen.

„Ärztinnen und Ärzte müssen in der medizinischen Versorgung von Patienten mit Fettstoff­wechsel­störungen auch das Lp(a) als relativ neuen Risikofaktor auf dem Schirm haben“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung, Thomas Voigtländer. Aber auch die Bevölke­rung müsse über Lp(a) und Fettstoff­wechselstörungen insgesamt gut informiert sein, um Risiken für Herz und Gefäße rechtzeitig vorzubeugen, betont er.

Risikoscores bisher ohne Lp(a)

Altmann spricht noch ein weiteres Problem an: „Etablierte Risiko-Scores wie SCORE/ SCORE2 beziehen Lp(a) bisher nicht ein.“ Die Entwicklung eines umfassenden Lipid-Risiko-Scores wäre wünschenswert und werde zunehmen national und international diskutiert. Die Bewertung als Risk Modifier erlaube schon jetzt bei ein­zelnen eine bessere Beurteilung des Gesamtrisikos, fügt Altmann hinzu. Die Identifizierung eines erhöhten Lp(a) führe in 31% der Fälle zur Reklassifizierung der Riskogruppe in der Primärprophylaxe (2021; DOI: 10.1093/eurjpc/zwab167)

„Aufgrund der erblichen Komponente sollten auch die Kinder von Personen mit erhöhtem Lp(a)-Wert einem Blut-Check unterzogen werden“, ergänzt Altmann. Besonders wichtig sei eine Bestimmung außerdem bei Pa­tienten mit einer Arteriosklerose vor dem 60. Lebensjahr, bei Patienten mit einer familiären Hypercholesteri­nämie und bei Patienten, bei denen eine Arteriosklerose oder eine koronare Herzkrankheit voranschreite, ob­wohl der LDL-C-Zielwert medikamentös erreicht sei.

Optionen nach der Diagnose

Laut den Gesellschaften wird Lp(a) nach einem Herzinfarkt vor dem 60. Lebensjahr aber nur bei etwa fünf Prozent der Betroffenen bestimmt. Das Argument, die Bestimmung lohne sich nicht, weil keine Therapie zur Verfügung stehe, halten sie für unbegründet, denn alle Infarktpatienten hätten einen Anspruch auf eine Ursachenabklärung.

Außerdem sei eine diagnostische Aufarbeitung für Therapie und Beratung auch der Familienangehörigen wichtig. Daneben könnten gut informierte und geschulte Betroffene besser motiviert werden, einen gesunden Lebensstil einzuhalten und die Teilnahme an wissenschaftlichen Studien ihre Versorgung verbessern.

Lp(a)-Senker wird geprüft

Die Fachgesellschaften weisen zudem daraufhin, dass ein spezifischer Lp(a)-Senker aktuell in einer Phase-III-Studie hinsichtlich der Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse bei circa 8.000 Patienten geprüft werde. Außer­dem stehe die in der Regel wöchentliche und lebenslang kontinuierlich durchgeführte Lipid-Apherese zur Ver­fügung, die nach Antragstellung von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werde.

An dem Aktionsbündnis beteiligen sich die Deutsche Herzstiftung, die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK), die Deutsche Gesellschaft für Angiologie (DGA), die Deutsche Gesellschaft für Fettforschung Lipidliga (DGFF), die Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Landesverband Sachsen zur Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauf Erkrankungen.

Zum Artikel, erschienen im Ärzteblatt

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