Lipoprotein(a): ein Übersichtsartikel

Lipoprotein(a), kurz Lp(a), ist ein wichtiger Marker für kardiovaskuläres Risiko. Die Lp(a) Plasmakonzentration ist genetisch determiniert und kaum durch Ernährung, Bewegung oder aktuell verfügbare orale Medikamente modifiziert. Neue RNA-basierte spezifische Therapien sind in klinischer Entwicklung, allerdings wird es auch im Fall positiver Studienergebnisse noch Jahre dauern, bis diese Wirkstoffe breit zur Verfügung stehen. Daher stellen sich die Fragen, bei welchen Personen Lp(a) bestimmt und wie derzeit mit erhöhten Lp(a)-Werten umgegangen werden sollte.

Was unterscheidet Lipoprotein(a) von anderen Lipoproteinen?

Lipoprotein(a) ist ein in der Leber synthetisiertes Lipoprotein, welches in seiner Struktur dem Low-Density-Lipoprotein (LDL) ähnelt. Seine Grundstruktur bildet ein LDL ähnlicher Partikel, an dessen Apolipoprotein B100 (apoB100) das für das Lp(a) pathognomische Apolipoprotein A (apoA) über eine Disulfidbrücke kovalent gebunden vorliegt.

Welche Bedeutung hat ein erhöhtes Lipoprotein(a) für das kardiovaskuläre Risiko?

Lipoprotein(a) erhöht das kardiovaskuläre Risiko in Abhängigkeit von seiner Serumkonzentration, indem es nicht nur proatherogen, sondern auch proinflammatorisch wirkt. Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Personen mit einer Lp(a)-Erhöhung neben den Inzidenzen der koronaren Herzkrankheit (KHK), der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) und des ischämischen Schlaganfalls auch das Risiko für eine Aortenklappenstenose erhöht ist.

Wann und bei wem soll Lipoprotein(a) bestimmt werden?

Über die physiologische Funktion und den Metabolismus des Lp(a) ist aktuell wenig bekannt. Fest steht jedoch, dass die Serumkonzentration des Lp(a) genetisch determiniert ist und einem autosomal-dominanten Erbgang folgt, während Geschlecht, Alter und Ernährung keinen relevanten Einfluss haben. Daher empfehlen die Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC)/European Atherosclerosis Society (EAS) von 2019, Lp(a) bei jedem einmal im Leben zu bestimmen, um Risikopersonen identifizieren zu können. Insbesondere Patienten mit frühzeitigen kardiovaskulären Ereignissen und deren Familienangehörigen 1. Grades wird ein Screening auf Lp(a)-
Erhöhung empfohlen.

Welche Therapie ist für Personen mit erhöhtem Lipoprotein(a) indiziert?

Da es aktuell keine zugelassene medikamentöse Therapie zur Senkung des Lp(a) gibt, wird eine Minimierung aller anderen kardiovaskulären Risikofaktoren angestrebt. Dies beinhaltet Nikotinstopp und regelmäßige körperliche Bewegung. Neben der Therapie von Hypertonus und Diabetes steht eine konsequente Absenkung der LDL-Serumkonzentration zur Reduktion des Lipid-bezogenen Risikos im Vordergrund. Bisher zugelassene orale Pharmaka zur Senkung der LDLC-Spiegel zeigten wenig Wirkung auf die Lp(a)-Serumkonzentrationen. PCSK9-Antikörper können Lp(a)-Spiegel um 20–30 % senken. Zur Lp(a)-Senkung steht aktuell weiterhin nur die Lipoprotein-Apherese zur Verfügung.

Wie ist der aktuelle Stand zu neuen Therapien?

In der klinischen Entwicklung befinden sich aktuell Substanzklassen, welche auf mRNA-Ebene in den Leberzellen angreifen und die Lp(a)-Produktion verhindern. Zu den weit fortgeschrittenen Entwicklungen zählen die Antisense-Oligonukleotide (ASO), welche als komplementäre einzelsträngige Moleküle die mRNA des apoA binden und somit deren Abbau induzieren.

Die potente und selektive Senkung mit den neuen Substanzen wird wichtige Informationen zur Beurteilung von Lp(a) als Risikofaktor geben, u. a. im Hinblick auf Lp(a)-Zielwerte und dem Ausmaß der notwendigen Lp(a)-Senkung. Daher werden in den nächsten Jahren eine Reihe der offenen Fragen zu Lp(a) beantwortet werden können.

Prof. Dr. med. Ulrich Laufs

Klinik und Poliklinik für Kardiologie
Universitätsklinikum Leipzig
Liebigstr. 20
04103 Leipzig