Pelacarsen senkt Lipoprotein (a)

Hohe LDL-Cholesterol-Werte sind als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankung gut bekannt und medikamentös beeinflussbar. Das Lipoprotein (a) ist weniger geläufig, besitzt aber ebenso atherogene Effekte. Medikamentös sind die Werte bislang nur mäßig zu beeinflussen. Das könnte sich mit dem Antisense-Oligonukleotid Pelacarsen jedoch zukünftig ändern.

Das meist Lp (a) abgekürzte Lipoprotein besteht aus Apolipoprotein A und Apolipoprotein B-100. Der Normalwert von Lp (a) im Blutserum liegt bei bis zu 30 mg/dl. Erhöhte Lp (a)-Spiegel werden bei rund jedem Vierten gefunden und gelten als pathogen. Das Lipoprotein hemmt aufgrund seiner Strukturähnlichkeit mit Plasminogen die Thrombolyse und akkumuliert in atherosklerotischen Plaques.

Wichtig: Die Höhe von Lp (a) im Blut ist erblich bedingt und lässt sich weder mit Bewegung oder cholesterolarmer Ernährung signifikant beeinflussen. Darüber hinaus können auch bestimmte Krankheiten eine Lp (a)-Erhöhung bedingen, etwa Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen oder eine Unterfunktion der Schilddrüse. Empfohlen wird bei Erwachsenen wenigstens einmal den Lp(a)-Spiegel zu bestimmen, um kardiovaskuläre Risikopatienten mit erblich bedingtem hohem Lp(a) zu identifizieren.

Den Lp(a)-Spiegel medikamentös zu senken, stellt Ärzte bislang vor eine große Herausforderung. Gewisse, oft aber unzureichende Effekte haben Nicotinsäure und PCSK9-Hemmer. Zudem ist die Lipid-Apherese möglich. Zukünftig könnte ein neues Medikament zur Senkung des Lp(a)-Werts zur Verfügung stehen: das Antisense-Oligonukleotid Pelacarsen.

Welcher Wirkmechanismus steckt dahinter? Ein Antisense-Oligonukleotid ist ein kurzes Stück synthetische Nukleinsäure. Pelacarsen bindet als solches an die komplementäre Boten-RNA (mRNA) des Proteins Apolipoprotein A, einem der Bestandteile von Lp (a) also. Es entsteht ein Doppelstrang aus Oligonukleotid und der mRNA. Das zelleigene Enzym RNAse H erkennt diesen Heteroduplex und spaltet den RNA-Anteil. Pelacarsen wird wieder frei, um erneut an die Ziel-m-RNA anzudocken. Insgesamt wird die Translation des Zielproteins und damit dessen Produktion verhindert.

Was man sich in der Theorie ausgedacht hat, funktioniert in der Praxis offenbar gut. Bereits im vergangenen Jahr wurden im »New England Journal of Medicine« vielversprechende Ergebnisse einer Phase-II-Studie mit 286 Probanden veröffentlicht. Diese wiesen erhöhte Lp(a)-Werte von mindestens 60 mg/dl auf und litten unter kardiovaskulären Erkrankungen. Therapiert wurden sie über sechs bis zwölf Monate mit subkutanen Pelacarsen-Injektionen in drei unterschiedlichen Dosierungen und verschiedenen Intervallen (20, 40 oder 60 mg alle vier Wochen, 20 mg alle zwei Wochen und 20 mg wöchentlich). Patienten der Placebogruppe erhielten Injektionen mit Kochsalzlösung. Die besten Ergebnisse erbrachte die wöchentliche Injektion von 20 mg Pelacarsen. Dies senkte den Lp(a)-Spiegel im Mittel um 80 Prozent. Bei 98 Prozent der Patienten in diesem Studienarm ließ sich der Lp(a)-Wert mit dieser Intervention auf unter 50 mg/dl senken.

Bedeutende Sicherheitssignale wurden in der Studie nicht gefunden. Die am häufigsten beobachtete Nebenwirkung waren Reaktionen an der Injektionsstelle. Gründe für einen Therapieabbruch waren zum Beispiel Myalgie, Arthralgie oder Unwohlsein nach der Injektion.

RNA-i-Therapeutikum ebenfalls in der Pipeline

Mittlerweile ist die große kardiovaskuläre Endpunktstudie Lp(a) HORIZON, an der insgesamt 7680 Patienten teilnehmen sollen, gestartet. Darin will Hersteller Novartis den Effekt einer monatlich applizierten Dosis von 80 mg Pelacarsen auf das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) im Vergleich zu Placebo untersuchen. Eingeschlossen werden Patienten mit kardiovaskulärer Vorerkrankung und erhöhten Lp(a)-Werten (≥  70 mg/dl). Ergebnisse soll es frühestens im Jahr 2024 geben.

Noch weiter in der Zukunft liegt ein weiterer Ansatz zur Lp(a)-Senkung mithilfe der RNA-Interferenz. Dabei führen RNA-Stücke, sogenannte small interfering RNA (si­RNA), im Organismus dazu, dass komplementäre mRNA selektiv abgebaut wird. Somit steht diese mRNA nicht mehr für die Proteintranslation zur Verfügung und die Menge des von ihr kodierten Proteins in der Zelle nimmt ab. Der Arzneistoffkandidat Olpasiran (AMG890) von Amgen arbeitet nach diesem Wirkprinzip und befindet sich derzeit in der klinischen Prüfung der Phase II.


Quelle: https://www.pharmazeutische-zeitung.de // https://www.nejm.org